Ein Unternehmer hat stets zu prüfen, ob für ihn ein allgemein verbindlicher Tarifvertrag gilt. Und wenn ja, hat er natürlich entsprechende Löhne zu zahlen. So haben dies auch die ehrenwerten Richter am Landessozialgericht NRW unter dem 12.03.2009 (L 16 R 49/08) entschieden.
Warum wurde so entschieden? Ein Unternehmer hatte Aushilfen irgendeinen Lohn gezahlt und diesen gemeldet. Bei einer Sozialversicherungsprüfung wurde der Unternehmer mit einem für seinen Betrieb geltenden allgemein verbindlichen Tarifvertrag konfrontiert und er mußte nun auf den bislang zu wenig (im Vergleich zum Tarifvertrag) gezahlten Lohnanteil Sozialabgaben nachzahlen. Dies war umso heftiger, als die 400-Euro-Grenze überschritten wurde und so auf eine „normale“ Beschäftigung abzustellen war mit den erheblichen Mehrbeiträgen zur Sozialversicherung.
Ein Richter lebt in einer irrealen Welt, voller Bücher, voller Theorie und ohne Praxisbezug. Anders ist ein solches Urteil wohl nicht zu erklären.
Ich habe einmal versucht einen „allgemein gültigen Tarifvertrag“ zu finden und versucht festzustellen, ob es für meinen Nachhilfelehrer für Latein oder meinen Hausmeister bereits einen solchen allgemein gültigen Tarifvertrag gibt.
Meine erste Frage, wo finde ich den: Nirgendwo. Nach langem suchen und Recherchieren fand ich meinen Fehler. Es ist nicht der „allgemein gültige Tarifvertrag“ sondern der „allgemein verbindliche Tarifvertrag“. Ja soetwas konnte man dann finden.
Bei Google gibt es dann schon einen Haupttreffer und man gelangt gleich auf die richtige Einstiegsseite des www.bmas.de. Und wird dort informiert, daß sich diese Informationen ständig auch rückwirkend ändern.
Guter Dinge rufe ich die PDF-Datei mit dem Verzeichnis allgemeinverbindlicher Tarifverträge auf. Dort ist auf einmal von Wirtschaftsgruppen die Rede. Lt Wikipedia ist dies eine Form der Zusammenarbeit rechtlich selbständiger Unternehmen. Was hat das mit einem allgemein verbindlichen Tarifvertrag zu tun?
Entnervt versuche ich es ohne google auf der Seite des bmas. Nach mehreren Anläufen finde ich tief in Unterverzeichnissen auch dort einen Zugang.
Dieser Unsinn verleitet mich zu einigen Hinweisen
1. Sehr geehrte Frau Dr. von der Leyen, bitte ändern Sie Ihre Hinweise zu allgemeinverbindlichen Tarifverträgen hinsichtlich der Begrifflichkeiten, insbesondere der „Wirtschaftsgruppen“ oder ändern Sie vielleicht gleich Wikipedia.
2. Liebe Unternehmer, ändert Eure Tätigkeitsbeschreibung, und findet eine wohlklingende Beschreibung die in den Katalogen der „allgemein verbindlichen Tarifverträge“ nicht auftauchen wird.
Nicht Bäckerhandwerk sondern z.B. Handwerk zur Vermischung und Erhitzung von Lebensmitteln zum Zwecke der Herstellung von Gegenständen zum menschlichen Genuß.
Nicht Gebäudereinigung sondern z.B. Handwerk zur Vorbereitung betrieblicher Räume für die Bereitstellung derselben zur Ausübung menschlicher Arbeit in selbigen.
3. Soweit sich der Unternehmer einfach unterwerfen will, vereinbare er mit seinem Anwalt/Steuerberater/IHK/Kammer etc einen Festbeitrag, für den diese ihn laufend über möglicherweise geltende „allgemein verbindliche Tarifverträge“ die für seinen Betrieb möglicherweise gelten könnten, infomieren. Für monatlich vielleicht € 500,00 wird sich der eine oder andere schon finden, der diese Arbeit leistet (und für Schäden haftet).
Das Verzeichnis bei Frau Dr. von der Leyen umfaßt aktuell 27 Seiten. Soweit man sich die dahinter stehenden Tarifverträge (gegen Entgelt versteht sich) besorgt hat, kommt man wahrscheinlich auf 2000 Seiten Papier und mehr. Unter Einbezug der Kosten für die Recherche und Pflege ist eine monatliche Pauschale in jedem Fall günstiger.
Und das alles soll ein einfacher Handwerker verstehen?
In Schilda haben die Herren Baumeister die Fenster im Rathaus vergessen. Aber vielleicht sind sie von den Bürokraten auch angewiesen worden, diese gar nicht einzubauen. Nur so konnte verhindert werden, daß ein Bürokrat auch einmal ein Leben vor der Tür in der Wirklichkeit sieht.