Die Preise für Balkonkraftwerke so deutlich gesunken, daß mir der Glaube fehlt, daß es noch deutlich weiter gehen könnte.
In der Werbung von Netto-Online (25.1.25) wird ein Balkonkraftwerk mit gerade einmal € 239,99 beworben.
Aber nun mal Butter bei die Fische. Worauf kommt es denn an?
Zuerst, was ist ein Balkonkraftwerk?
Es ist eine Einheit, bestehend aus Solarpaneelen, einem Wechselrichter und den Anschlußleitungen. Und dann gibt es noch eine App. Das EEG nennt dieses Gerät in §3 Nr 43 ein „Steckersolargerät“.
Wann rechnet sich ein Balkonkraftwerk?
Da wollen wir mit den Kosten beginnen:
Wenn ich annehme, daß kein Elektriker kommen muß, weil eine bestehende Steckdose genutzt wird, gibt es
Kaufpreis + Frachtkosten + Gestell + Montage. Diese nehme ich an mit € 400,00.
Dann die Einsparungen:
Sie sparen Stromkosten ein, weil Sie weniger an den Energieversorger zahlen. Es sind also Ihre heutigen Kosten, die Sie sparen. Sie zahlen an den Versorger ca 32-37Ct. Sie erzeugen bei ordentlicher Ausrichtung nach Süden und schräg hängend bei einer 800w Anlage 800kWh pro Jahr.
Also 800 kWh* 32Ct/kWh = 256 € pro Jahr.
Wenn Sie nicht alles selbst verbrauchen, sondern einen Teil einspeisen, z.B. 80kWH einspeisen und keine Einspeisevergütung erhalten ergibt sich immer noch
(800kWh – 80kWh)* 32Ct/kWh = 230,40 € pro Jahr
Die Anlage ist in weniger als zwei Jahren bezahlt. Ab dem dritten Jahr haben Sie nur Freude. Dabei ist es egal, ob die Anlage vielleicht nur 8 Jahre oder 20 Jahre hält.
Erzeugungsmaximum
Früher waren Balkonkraftwerke mit 600W abgabegrenze zulässig. Mit der Anpassung des EEG in 2024 (veröffentlicht im Bundesgesetzblatt Teil I vom 15. Mai 2024) ist die Grenze auf 800W erhöht worden.
Meldepflicht (die schlimmste Kröte)
Nach EEG §8 Abs 5a „..Registrierungspflichten nach der Marktstammdatenregisterverordnung bleiben unberührt; zusätzliche gegenüber dem Netzbetreiber abzugebende Meldungen von Anlagen nach Satz 1 können nicht verlangt werden.“
Ein Balkonkraftwerk ist danach NUR beim Marktstammdatenregister zu melden.
Und es gibt nur Geld vom Netzbetreiber, wenn es im Marktstammdatenregister gemeldet ist UND der Bürger ausdrücklich Geld vom Netzbetreiber für eingespeisten Strom begehrt. Das muß der Bürger gewöhnlich mehrfach schriftlich mit Kopien an den Vorstandsvorsitzenden, Aufsichtsratsvorsitzenden und Wirtschaftsminister des Landes begehren, bis endlich die paar Pimperlinge genehmigt und überwiesen werden.
Da komme ich doch auf den Umkehrschluß: Wenn ich auf die Einspeisevergütung verzichte, kann ich auch die Meldung im Marktstammdatenregister sein lassen. Nee so einfach ist das in Deutschland nicht. Das wäre eine Ordnungswidrigkeit, die soll bußgeldbehaftet im 5-6 stelligen Bereich sein.
(Warum? Ohne jede einzelne Anmeldung bricht das Netz in Deutschland gleich zusammen, so schlecht ist Deutschlands Energieversorgung. Nirgendwo in Europa ist das notwendig, nur in Deutschland mit Europas schlechtestem Stromnetz)
Sicherheit (wirklich wichtig)
Eine Anlage erzeugt 230V Wechselstrom. Der kann ganz schnell tödlich sein. Also soll, nein MUSS die Anlage sicher sein. Deshalb ist beim Kauf unbedingt auf die Einhaltung der VDE-AR-N 4105 zu achten.
Wenn Sie die Erfüllung der Norm nicht finden, Finger weg.
Anschluß
Ihren Fön stecken sie einfach in die Steckdose. So einfach geht es eigentlich auch mit dem Balkonkraftwerk. Doch unsere Ingenieure, die seit Jahrzehnten das schlechteste Stromnetz Europas verantworten, haben nun jahrelang Werbung für „Wieland“ gemacht. Ein Balkonkraftwerk mußte unbedingt mit einem Wieland-Stecker und einer passenden Dose angeschlossen werden. Was für ein Schwachsinn.
Ein Wechselrichter, der mit einem Schukostecker ausgestattet ist und die Norm erfüllt, gibt nur dann den Strom an den Stecker raus, wenn der Stecker in der Steckdose steckt UND Strom von der Gegenseite anliegt.
Es war für die Energieversorger ein willkommenes Spielfeld, den Bürgern das Thema zu vermiesen. Und die Politik hat bereitwillig (handaufhaltend?) zugeschaut.
Prüfen Sie, daß die Steckdose einen Schutzleiter hat UND dieser angeschlossen ist UND hinter einem FI-Schutzschalter hängt.
Kauf
Bevor Sie nun zum Kauf schreiten, noch eins vorweg.
Wo soll die Anlage hin? Aufs Dach, an die Wand, in den Garten,
Haben Sie dort eine Steckdose?
Ist der Platz für die Solarpaneele verschattet (ganz schlecht)?
Wie werden die Paneele befestigt?
Kann Wind darunter greifen? Dann muß alles auch den Windkräften trotzen. Und Sie wollen doch nicht der Nachbar in Ihrer Straße sein, über den später berichtet wird, sein Solarpaneel hätte bei einem Sturm ein Auto zerstört oder einen Menschen getroffen.
Wenn es nicht auf dem Dach ist, wie ist die Sicherung gegen spielende Kinder gewährleistet.
Lieber die Befestigung dreimal durchdenken und alles um ein paar Monate verschieben.
„Ach es wird schon gehen“ ist keine Lösung. Bitte nehmen Sie auch das ernst.
Warum hat das Paneel mehr Watt als Wechselrichter?
Das ist eigentlich Schwachsinn. Aber es mußte auf die sauschlechten Stromnetze in Deutschland Rücksicht genommen werden. Aber zurück zum erlaubten.
Wenn nun die Paneele (z.B. 2x430W) mehr Watt als der Wechselrichter (z.B. 800W) haben, passiert folgendes:
Im Sommer liefern die Paneele 2x430W = 860W und das wird im Wechselrichter auf 800W gedrosselt/reduziert. Der Rest wird im Wärme im Wechselrichter gewandelt.
In der gesamten übrigen Zeit liefern die Paneele im Verhältnis zu 400W Paneelen etwas mehr Strom, der auch vom Wechselrichter weitergegeben werden kann. Die Effizienz ist leicht höher als bei Paneelen mit niedrigerer Leistung.
Es hat sich im Markt eingebürgert, daß die Mehrleistung der Paneele bei ca 8-10% liegt.
Wo kaufen?
Fast Wurscht.
Ihre Einkaufsliste lautet:
Paneel 2 Stück, 430W-500W Leistung
Wechselrichter 800W erfüllt VDE-AR-N 4105 für zwei Paneele
Verbindungsleitungen vom Paneel zum Wechselrichter
Anschlußleitung vom Wechselrichter zur Steckdose
Diese Teile gibt es häufig als Paket, auch genannt „Balkonkraftwerk“
Wenn Sie ein Paket nehmen, können Sie ziemlich sicher sein, daß die Artikel auch zueinander passen.
Beim Setpreis ist noch etwas wichtiges zu beachten. Was kostet die Fracht?
Die Paneele haben Maße von ca 175cm x 115cm. Transport STEHEND. Damit scheiden die meisten PKW aus.
Beim Preisbeispiel in der ersten Zeile kommt eine Fracht von 70€ hinzu. Dann wären es schon 239,99+70=307,99€
Wenn ich z.B. bei Idealo suche, finde ich heute auch Anbieter mit einem Preis von 230 incl. Fracht.
Aber jetzt fehlt noch etwas entscheidendes! Die Befestigung.
Für eine Wand oder Dach zum Aufständern gibt es Sets zu kaufen. Es gibt auch Set für Befestigung unter Dachpfannen.
Nehmt die Befestigung ernst. Es sind gewaltige Windkräfte am Werk.
Bei einer Montage mit aufliegenden Haltern, die mit Gewichten beschwert sind, habe ich etwas gesucht, bis ich Zahlen für die Gewichte fand.
Im norddeutschen Binnenland darf von max 150km/h Wind ausgegangen werden.
Der Winddruck beim Paneel ist von hinten (in die entstehende Tasche) am höchsten. Bei 45° Aufständerung gibt es pro Solarpaneel (ca 2m²) eine Windkraft von ca 220kg. So beschwerlich eine Gartenplatte mit ca 20kg sein mag, es werden pro Solarpaneel 11 Stück gebraucht.
Inbetriebnahme
Sie haben alles sicher montiert. Dann hat eine Elektromeisterin, eine Sicherheitsfachfrau, eine Statikerin, eine Bauingenieurin, eine Mitarbeiterin der Bauaufsicht, eine Mitarbeiterin der Gewerbeaufsicht, eine Beraterin der örtlichen Feuerwehr, eine Mitarbeiterin der zuständigen Berufsgenossenschaft die schriftliche Information über die anstehende Inbetriebnahme erhalten (die Hinweise sind wg möglicherweise gegen mich gerichteter Klagen geboten).
Nach Behandlung sämtlicher Einwendungen der informierten Parteien wird die Anlage in Abstimmung mit den Informiertinnen in Betrieb genommen.
Über die Inbetriebnahme fertigen Sie ein Protokoll und informieren neben den Vorgenannten das Marktstammdatenregister, Ihre Gebäudeversicherung, Ihre Hausratversicherung und die Innenministerin des Landes und Bundes sowie die Wirtschaftsministerin des Landes und Bundes.
Einspeisevergütung
Wir werden leider so sehr verarscht und mit so viel sinnlosem Getue genervt, daß es wenigstens geboten ist, die paar eingespiesenen kWh auch vergütet zu erhalten. (Ein befreundeter Unternehmer im Land Brandenburg hat für ein Balkonkraftwerk auf der Auszahlung der Vergütung von 8 Ct bestanden).
Einfach und ehrlich wäre eine Verrechnung und es müßten nur die verbleibenden kWh bezahlt werden.
Aber einfach und ehrlich geht mit deutschen Politikern nicht, niemals, never ever.
Der zweite Weg wäre, der Stromlieferant müßte immer auch die eingespiesenen kWh vergüten. Dann bekämen wir von welchem Stromlieferanten auch immer eben in der Rechnung neben den gelieferten auch die eingespiesenen kWh berechnet/vergütet. Das geht natürlich nicht, weil es erstens einfach wäre und zweitens würde auch der dümmste Bürger die Verarschung merken, daß er 40Ct für eine kWh bezahlt aber nun 8Ct für eine kWh gutgeschrieben bekommt.
Viel Spaß beim Stromerzeugen